Kabinettausstellung im Herbst 2022
Manfred Bartling
In den Kabinettausstellungen werden Werke des Stifters und Künstlers Manfred Bartling ausgestellt und in einen Bezug zu der jeweiligen aktuellen Ausstellung des Haus Kunst Mitte gesetzt. Die Herbstausstellung 2022 präsentierte eine kuratierte Auswahl von Arbeiten Manfred Bartlings. Ausgestellt wurden neben einigen Ölgemälden auch Arbeiten auf Papier.
Der erste Schwerpunkt der Präsentation lag auf den Selbstporträts von Manfred Bartling. Gezeigt wurden vier Selbstporträts aus über einem Jahrzehnt von 1963 bis 1976. Sie eröffneten einen Einblick in Bartlings inneren Wandel und seine künstlerische Selbstreflexion. Jedes Gemälde ist nicht nur eine Darstellung eines Gesichtes, sondern ein Ausdruck von Zeit, Identität und künstlerischem Selbstverständnis. Die Serie zeigt eindrücklich, wie sich Stil, Technik und Selbstbild im Laufe der Jahre veränderten. Die Porträts aus den Jahren 1963 und 1974 sind besonders detailliert gestaltet. Sowohl Vorder- als auch Hintergrund sind klar ausgearbeitet, die Figur tritt aktiv auf. In dem einen Gemälde hält Manfred Bartling einen Pinsel, im anderen ist er beim Essen dargestellt. Diese Alltagsszenen verweisen auf einen Künstler, der sich im Moment des Handelns porträtierte. In den beiden folgenden Porträts aus den Jahren 1975 und 1976, ist ein stilistischer Wandel sichtbar. Die Realität tritt zurück, die Umgebung löst sich auf. Mit der zunehmenden Flächigkeit des Hintergrunds und der stärkeren Symbolisierung der Szene verschiebt sich die Wirkung der Kompositionen. Sie erscheinen distanzierter. Die Figur wird zunehmend abstrahiert, sowohl in ihrer Form als auch in ihrer Funktion. Statt Handlungen oder Gegenständen rückt nun die reine Präsenz in den Fokus.
Weiterhin war das Doppelporträt (Selbstporträt mit Elisabeth Bartling / Self-Portrait with Elisabeth Bartling, 1976) zu sehen. In diesem Werk tritt die Partnerin des Künstlers ins Zentrum, nicht als bloßes Gegenüber, sondern als Teil seiner persönlichen wie künstlerischen Identität. Manfred und Elisabeth Bartling traten häufig gemeinsam auf: Er als Maler, sie als Lyrikerin. Ihre Arbeiten stellten sie oft in enger Zusammenarbeit aus, wobei Malerei und Literatur gleichwertig nebeneinander standen. Das Porträt verweist auf eine besondere Beziehung und auf die gleichzeitige Präsenz zweier künstlerischer Perspektiven in einem gemeinsamen Kontext. Bemerkenswert dabei ist, dass die beiden Dargestellten durch eine Glasscheibe getrennt sind und dass sie aus dem Gemälde hinausschauen. Diese Distanz wird durch Bartlings Handgestus an der Glasscheibe intensiviert und deutet vielleicht auf ein stilles Verlangen nach Nähe. Diese bleibt jedoch unerfüllt, gebremst durch die sichtbare wie symbolische Trennung beider Figuren.
Ein zweiter Schwerpunkt der Präsentation lag auf einer Gruppe von Zeichnungen, die 1981 auf einer Reise nach Indien entstanden sind (Staubmenschen / Dust People, Indien 1981). Sie zeigen bettelnde und am Boden liegende Menschen, deren Körper unter Tüchern verborgen sind. Bartling nannte sie Staubmenschen. Diese Arbeiten wurden im Rahmen der Ausstellung Bodies in Trouble - Berliner und Londoner Künstlerinnen im Dialog gezeigt. Sie thematisieren Körper in Zuständen äußerster Verwundbarkeit und gesellschaftlicher Unsichtbarkeit. In der Ausstellung Bodies in Troublethematisierten die Künstlerinnen die Marginalisierung und Regulierung von Körpern, insbesondere des weiblichen Körpers, in Kunst, Medien, Medizin und Gesellschaft. Mit Selbstreflexion, Humor und kunsthistorischer Kenntnis setzen sie sich für inklusive Darstellungsformen ein und verstehen ihre Arbeit als Akt des Widerstands und des Dialogs in Zeiten gesellschaftlicher Krisen.