HAUSFÜHRUNG #9, Oktober 2024

Kunstbetrachtung

Rebecca Fontaine-Wolf – Luminous Dark in der Ausstellung FLESH & THE MIRROR

Liebe Freund:innen des Haus Kunst Mitte,

in der neunten Ausgabe unserer Reihe HAUSFÜHRUNGEN widmen wir uns der intensiven Auseinandersetzung mit dem Werk Luminous Dark I und III von Rebecca Fontaine-Wolf, das in der Ausstellung FLESH & THE MIRROR 2024 gezeigt wurde. Die Künstlerin schafft mit ihrer einzigartigen Darstellung des weiblichen Aktes durch eine Mischung aus Malerei, Fotografie und digitaler Bearbeitung eine komplexe feministische Bildsprache, die in der zeitgenössischen Kunstlandschaft besondere Aufmerksamkeit verdient.

Rebecca Fontaine-Wolf, Luminous Dark I und III, 2021, Vinyl, Acryl und Öl auf Aluminium, Foto: Michael Lüder

Das Werk Luminous Dark besteht aus zwei großformatigen Bildtafeln, die jeweils eine menschliche Figur in einem Zustand zwischen Offenbarung und Verschleierung zeigen. Die sitzende Figur bleibt lediglich schemenhaft erkennbar, da sie durch abstrakte, überlagerte Schichten aus Farben und Texturen teilweise verdeckt und verfremdet wird. Zusätzlich wird der Körper durch den gezielten Einsatz von Spiegeln fragmentiert und deformiert. Besonders die Kombination aus figürlichen und abstrakten Elementen erzeugt eine atmosphärisch dichte, fast surreal anmutende Wirkung, die den Betrachtenden tief in den Bildraum hineinzieht.

Die Kompositionen sind von tiefen Blautönen im Hintergrund geprägt, während leuchtende Grün- und Gelbtöne gezielt den weiblichen Körper akzentuieren. Die körperlichen Formen erscheinen durch Schichten von Transparenz, Spiegelung und Verzerrung aufgebrochen, was eine spannungsreiche Beziehung zwischen Figur und Raum entstehen lässt. In beiden Tafeln lösen sich die Grenzen zwischen Körper und Raum auf und lassen eine Verschiebung hin zu einer fluiden, nicht festgelegten Identität erkennen.

Luminous Dark ist ein zentrales Werk innerhalb Fontaine-Wolfs künstlerischer Praxis der Darstellung weiblicher Selbstinszenierung. Sie verwendet ihren eigenen Körper als Ausgangspunkt, verzichtet jedoch bewusst auf eine konventionelle Darstellung individueller Identität. Der abstrahierte, kopflose Körper verweist nicht auf persönliche Merkmale, sondern auf universelle Fragestellungen rund um weibliche Repräsentation. Diese Entpersonalisierung dient als gezielte Reaktion auf eine patriarchalisch geprägte Kunstgeschichte, in der der weibliche Akt traditionell vom männlichen Blick definiert wurde. Rebecca Fontaine-Wolf konfrontiert diesen Blick mit einer subversiven Neuinterpretation des weiblichen Körpers, die auf Fragmentierung, Verzerrung und Überlagerung basiert.

Ein wesentlicher Bestandteil des Werks ist der Einsatz digitaler Mittel. Durch die bewusste Kombination von Malerei, Fotografie und digitaler Bearbeitung thematisiert Fontaine-Wolf die wachsende Verschmelzung digitaler und physischer Realitäten. Diese Entwicklung wurde besonders durch die COVID-19 Pandemie intensiviert, in der digitale Repräsentationsformen an Bedeutung gewonnen haben. Die Künstlerin wahrt durch die Anwendung von Mischtechniken sowohl digitale als auch analoge Spuren ihres künstlerischen Prozesses. So lassen sich beispielsweise im Detailausschnitt des Werks (Foto unten rechts) sichtbare Flecken erkennen, die vom analogen Bearbeitungsprozess zeugen und dem Werk eine zusätzliche materielle Tiefe verleihen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Haus Kunst Mitte Team